Die alte Tür der Gastwirtschaft – ein stummer Zeuge vergangener Tage

Es war ein stiller Nachmittag, als ich mit meinem Auto durch ein abgelegenes Dorf fuhr. Die Straßen waren leer, die Fensterläden vieler Häuser geschlossen. Es lag etwas Melancholisches in der Luft, etwas, das man nicht greifen konnte, das aber tief in mir etwas auslöste. Und dann sah ich sie. Die Tür. Alt, schwer, von der Zeit gezeichnet. Die Tür einer längst geschlossenen Gastwirtschaft.

Ich stieg aus, stellte den Motor ab und ging langsam auf das Gebäude zu. Die Tür stand fest in ihrem Rahmen, das Holz grau und rissig, als hätte sie sich längst mit dem Schicksal abgefunden, vergessen zu sein. Ich holte meine Kamera aus dem Kofferraum, machte ein paar Fotos. Doch während ich durch den Sucher blickte, kamen Gedanken auf, die ich nicht mehr loswurde.

Wie viele Menschen hatten diese Tür wohl geöffnet. Wie viele Hände hatten ihren Griff umfasst, voller Vorfreude auf einen Abend unter Freunden, auf ein kühles Bier, ein warmes Essen. Und wie viele Schritte führten sie hinaus in eine stille Nacht, vielleicht nach einem letzten Tanz, einem Streit, einem Versöhnungsgespräch. Hinter dieser Tür war das Leben gewesen. Es wurde gefeiert, getrauert, gehofft.

Jetzt steht sie einfach nur da. Verschlossen. Allein. Die Farbe blättert ab, der Griff ist stumpf, das Holz spröde. Der Putz des Gebäudes bröckelt, das Dach ist eingefallen. Irgendwann wird alles zusammenbrechen. Und mit ihm wird auch die Tür verschwinden. Kein Mensch wird dann noch wissen, wie viel sie gesehen, wie viel sie getragen hat. Sie wird einfach weg sein. Wie so vieles, das mit der Zeit verloren geht.

Ich blieb noch eine Weile stehen, hörte nur den Wind und meine eigenen Gedanken. Die Tür sagte nichts. Und doch schien sie mir mehr zu erzählen als viele, denen ich täglich begegne. Ich fuhr weiter, aber ein Teil von mir blieb zurück, dort, bei ihr.

Und ich fragte mich still:

Wie viele Türen verschwinden, ohne dass wir erkennen, dass sie Teil unserer Geschichte sind?