Der abgebrochene Ast – Über Abschied, Neuanfang und die Einsamkeit des Wandels

Es passiert manchmal ganz plötzlich. Ein Sturm zieht auf, der Wind wird stärker, und mit einem lauten Knacken bricht ein Ast vom Baum. Er fällt auf den Boden, getrennt von dem, was ihn sein Leben lang gehalten, genährt und geschützt hat. Dort liegt er nun, allein, ohne Verbindung zu seinen Wurzeln, ohne die Sicherheit, die er kannte.

Dieser Ast – das sind wir.

Es gibt Momente im Leben, in denen sich alles verändert. Vielleicht ist es eine Entscheidung, vielleicht eine Trennung, ein Umzug, ein Abschied. Es fühlt sich an, als hätte das Leben uns einfach abgebrochen und auf den Boden geworfen. Plötzlich gibt es kein Zurück mehr. Wir blicken nach oben, dorthin, wo wir einst Teil von etwas Größerem waren, wo wir Halt hatten. Und wir spüren die Leere, die zurückbleibt.

Doch so sehr es schmerzt, nicht mehr am Baum zu sein – das Leben geht weiter. Es gibt keinen Weg zurück, also müssen wir nach vorne. Wir müssen lernen, alleine zu stehen, uns selbst zu tragen, unsere eigene Richtung zu finden. Der Ast am Boden kann nicht mehr auf die Nahrung des Baumes zählen. Er ist auf sich gestellt. So wie wir, wenn wir einen neuen Weg beschreiten, wenn wir uns dem Unbekannten stellen.

Und ja, es ist beängstigend.

Die Stürme, die uns abreißen, hinterlassen Wunden. Manchmal fragen wir uns, warum es ausgerechnet uns getroffen hat. Warum wir nicht einfach bleiben konnten, wo wir waren. Doch dann merken wir, dass Veränderung nicht nur Schmerz bedeutet. Sie bedeutet auch Freiheit.

Ein Ast, der fällt, kann weitergetragen werden. Er kann an einem neuen Ort landen, sich verwandeln, etwas Neues werden. Vielleicht treibt er Wurzeln, vielleicht wird er Teil eines Feuers, das wärmt, oder er wird von jemandem gefunden, der ihn in etwas Schönes verwandelt.

Und vielleicht – ganz vielleicht – erkennen wir irgendwann, dass wir nicht wirklich gefallen sind. Dass wir geflogen sind.